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D´OMI & I

Der vorvorletzte Abschiedstag

    

Bald Abschied vom Ländle

Seit gestern ist alles ein bisschen anders. Das Omile hat sich mal wieder mit ihrem Stehkalender auseinander gesetzt – ihr Mastermind – und da steht dann eben auch, dass ich am Dienstag das Hanfland wiedermal für ein paar Tage/Wochen verlassen werde, zurück gen Osten Österreichs.

Abschied steht „am Tackerl vor da Tür“. Das heißt dann immer, dass es ruhiger wird in unserm Haus. S ´Omile redet weniger, denkt mehr nach, wird von Tag zu Tag trauriger und würd mich am liebsten jede verbleibende Sekunde noch für sich haben. Das ist übrigens immer dasselbe, ob ich ein verlängertes Wochenende im Ländle bin, oder wie jetzt gut 10 Wochen.

Natürlich sind wir uns beide darüber im Klaren, es kann auch der Abschied für immer sein wenn ich aufbreche, denn mit 94 Jahren hat das Omile schon sehr sehr viele Tage gelebt, ein interessantes und oft auch herausforderndes Leben. Dessen viele Seiten – Glück, Trauer, Einfachheit, Disziplin, Lebensmut, Geradlinigkeit, … – ich versuche festzuhalten. Nach jedem unserer langen Gespräche setze ich mich hin und beginne sofort zu schreiben.

Und so schwierig das Zusammenleben oft ist für uns beide – der Aufprall der Generationen ist oft kilometerweit zu hören – so tief verbunden und nahe sind wir uns.

Die VerlegenheitsHimbeere

Bedeutet – sie realisiert, dass ich bald wieder gehe und ist bei mir, um mich, neben mir, hinter mir – versucht einfach jede Minute meines noch hier seins, aufzusaugen. Sehr schön, aber auch anstrengend zugleich. Und eines haben wir gemeinsam, wenn wir gestresst oder genervt sind, dass essen wir. Und nein, wir haben keinen Garten (mehr) und ja meine Omi liebt Himbeeren. Als ich dann also zum 4. Mal zu ihr sage, Omi es ist so heiß in der Sonne, bitte geh doch rein, ich komm eh auch gleich nach, sieht sie sich kurz um, der Blick fällt auf die Himbeeren in Nachbarsgarten und sie meint

keck: „do fallt mr grad i, hür han i no gär koa Beer gschtohla“. Mangels anderer Tätigkeiten für sie im Garten, macht sie einfach mal das, was sie mir als Kind immer verboten hat. Ging ich nämlich mal klamm heimlich rüber um eine Himbeere zu stibitzen, erhob ich meine Hand in Richtung Beeren, schaute mich nochmal kontrollierend um ob ich eh nicht beobachtet werde, und just in dem Moment als eines meiner Fingerl eine Beere berührte, hörte ich ein energisches „PSSTT“. Fix die Omi, denn so ein PSSTT, konnte nur sie raushaun. Heute hat sich die Situation gedreht. Doch in dem Moment als ich sie sehe bei den Himbeeren und ihr PSSTT nachahmen will, stocke ich. Denn eigentlich isst sie ohnehin nur 1 oder 2 Stück. Und ist es nicht so, dass man mit 94 Jahren den Freibrief für 1 oder 2 Himbeerle aus Nachbarsgarten hat?

Der Mist auf dem Komposthaufen

Ich finde jedenfalls schon und lasse das mit dem „pssttn“ lieber bleiben. Sie geht Richtung Haustüre, ich beschäftige mich noch mit dem Rasenmäher. Als ich sie gefühlte 30 Minuten später wieder „antreffe“. Omile was machst du da? Sie: „sieaht ma des nid“. Ich drauf, na ja – für mich sieht es aus, als würdest du den Mist auf dem Komposthaufen verteilen. Sie schaut mich an, mir ganz tief in die Augen, ich hab das Gefühl ihre Pupillen schlüpfen in meine Augen und sagt: „Dreack ischt nid gleich Dreack und an subara Mischthufa ha, müsstascht eigentlich o no lerna“. Also langsam aber sicher glaube ich ja tatsächlich, dass ich die Lebensschule komplett verpasst hab & weiß auch nicht , wie lange ich ohne ihre ganzen Lehren der letzten Wochen überhaupt existieren konnte. Ich muss leider grinsen, was mir einbringt, dass sie das Thema noch ernster nimmt und ich mir ein „how to have a nice Komposthaufen“ anhören kann. Und irgendwann während ihren Ausführungen drifte ich ab, und schaue sie einfach nur noch an ohne ihr Zuzuhören. In meinem Kopf lassen sich Gedanken nieder wie: Was bist du bloß für ein großartiger Elternersatz, denn diese Dinge würden mir ansonsten wohl meine Mama und mein Papa beibringen. In diesem Fall bin ich mir aber 100% sicher, dass sie uns von oben zuschauen, auf ihrer Wolke sitzen und sich sicher köstlich amüsieren über uns.

Der wortlose Draht

Und in dem Moment bin auch ich soweit – ich darf nicht an Dienstag denken. Denn ab da, prüfen wir wiedermal Omile´s Möglichkeiten. Mit der Betreuung der beiden Damen vom mobilen Hilfsdienst die jeden Wochentag im Haus sein werden, sollte der Alltag für sie zu bewältigen sein. Die gebrochene Schulter bereitet zwar manchmal noch Schmerzen und es gibt das eine oder andere Handikap, aber im Großen und Ganzen funktioniert alles wieder ganz gut.

Auf jeden fall funktioniert der wortlose Draht zwischen uns noch. Sie unterbricht meinen Gedanken mit: „guggugg, usaram Vögile, Zahla, Wörtr und a paar nerrscha Ideea jemand dahoam (und dippt mir gleichzeitig mit ihrem Zeigefinger auf die Stirn), i bin no do und red mit dir. Du abr bald numma und irgendwia würds funktioniera müssa, mach dr koa Gedanka, mir würrand deam scho Moaschtr“

Danke Omile – ich hab dich lieb, mein Lebensmensch.

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